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EuGH-Entscheid Richter stoppen Genhonig - Schlappe für Agrarlobby

Dieses Urteil ist ein Erfolg für die Kritiker der Gentechnik: Honig, der auch nur geringe Mengen an gentechnisch veränderten Pollen enthält, darf ohne neue Zulassung nicht mehr verkauft werden - so hat es jetzt der EuGH entschieden. Der Spruch drängt die EU und die Agrarlobby in die Defensive.
Bienen auf einer Honigwabe: Schlappe für Agrarindustrie

Bienen auf einer Honigwabe: Schlappe für Agrarindustrie

Foto: Robert Schlesinger/ picture alliance / dpa

Luxemburg - Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stoppt den Verkauf von Honig mit Genmais-Spuren. Honig, in dem sich auch nur geringe Rückstände gentechnisch veränderter Pollen finden, darf nur noch mit Zulassung auf den Markt gebracht werden. Das entschied der EuGH in Luxemburg am Dienstag. Er gab damit der Klage eines Imkers aus Augsburg recht.

Die Entscheidung kann Auswirkungen auf den gesamten europäischen Honigmarkt und den Gentechnik-Anbau haben. Denn nun muss Honig, der mit genveränderten Pollen verunreinigt ist, aus den Regalen geräumt werden. Vor allem auf viele Import-Honigsorten aus Kanada und Südamerika könnte das zutreffen. Laut einem Bericht der Zeitschrift "Ökotest" vom Januar 2009 fanden sich in fast der Hälfte aller damals getesteten Honigsorten Spuren von Pollen genveränderter Pflanzen.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium will das Urteil prüfen und mit den zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über Konsequenzen beraten. Dabei gehe es nun besonders darum, "wie die Vorgaben des Gerichts für den Handel mit Honig möglichst schnell umgesetzt werden können", sagte ein Sprecher in Berlin. Zudem sei die Europäische Kommission gebeten, einen Vorschlag über ein einheitliches Vorgehen in der gesamten EU vorzulegen.

Herbe Schlappe für EU-Kommission

Die ernährungs- und landwirtschaftspolitische Sprecherin der FDP im deutschen Bundestag, Christel Happach-Kasan, forderte eine Überarbeitung der Gesetze zu gentechnisch veränderten Lebensmitteln. Eine Politik der "Nulltoleranz" bei gentechnisch veränderten Organismen (GVO) sei "wirklichkeitsfremd". Die verbraucherpolitische Sprecherin der SPD im Bundestag, Elvira Drobinski-Weiß, begrüßte hingegen das Urteil. Es bringe "endlich Klarheit". Die Umweltschutzorganisation BUND lobte es als "bahnbrechend".

Großer Sieger des Verfahrens ist der Imker Karl-Heinz Bablok aus Augsburg. Er produzierte Honig in der Nähe eines Grundstücks, auf dem zu Forschungszwecken gentechnisch veränderter Mais angebaut wurde. Später fand er in dem Honig Pollen von der Sorte Monsanto 810. Dieser Mais ist als Tierfutter, aber nicht als Lebensmittel zugelassen. Bablok vernichtete deshalb seinen Honig in einer Müllverbrennungsanlage und verklagte den Freistaat Bayern auf Schadensersatz.

Dieser steht ihm nun nach dem Urteil des EuGH zu. Außerdem müssen künftig alle Landwirte, die Genmais anbauen wollen, damit rechnen, dass Imker in ihrer Region Schadensersatz sowie Schutzmaßnahmen verlangen, um eine Verunreinigung zu verhindern.

Die Entscheidung ist auch eine herbe Schlappe für die EU-Kommission und Lobbygruppen der Agrarindustrie. Denn diese wollen den Grundsatz der Nulltoleranz zu gentechnisch veränderten Lebensmitteln aufweichen. In Deutschland ist der Anbau von Genmais seit April 2009 verboten. Monsanto bemüht sich jedoch um eine Wiederzulassung.

cte/dis/dapd/AFP/dpa